Vorteile und Nachteile der Kastration
Vorteile
- Es ist keine Vermehrung mehr möglich, dadurch kann sich das Tier ganzjährig frei bewegen (Hunde in Rudelhaltung, in der Hundeschule,…, Katzen mit Freigang).
- Bei Katzen: die Tiere haben einen geringeren Bewegungsradius und die Tiere laufen in der Regel nicht mehr so weit vom Haus weg. Dadurch besteht eine geringere Gefahr von Autounfällen, Raufereien und Revierkämpfen. Außerdem verringert sich die Ansteckungsgefahr für das Feline Immunschwäche Virus (FIV), welches unter anderem beim Geschlechtsakt übertragen wird. Der kastrierte Kater markiert i.d.R. nicht in der Wohnung, die kastrierte Kätzin wird nicht mehr rollig. Für freilaufende Katzen und Kater ist die Kastration gesetzlich vorgeschrieben, um ungewollte Trächtigkeiten zu verhindern.
- Bei Hunden: die Gefahr von Prostatavergrößerungen (benigne Prostatahyperplasie) ist stark reduziert, auch eitriger Gebärmutterentzündung (Pyometra), sowie Brustkrebs im Alter (bei Kastration vor der 2. Läufigkeit), treten seltener auf. Bei Hündinnen bleibt die Läufigkeit aus und die Gefahr einer Scheinträchtigkeit wird minimiert.
Nachteile
- Bei Hündinnen kann es durch die hormonelle Veränderung zur Erschlaffung des Beckenbodens und dadurch zur Harninkontinenz kommen. Eine höhere Neigung dazu haben vor allem größere Hunde über 20 kg, wie z.B. Boxer, Rottweiler, Riesenschnauzer und Dobermann.
- Bei langhaarigen Hunden mit glänzendem Deckhaar (z.B. Irish Setter, Spaniel, Langhaardackel) kann es nach der Kastration zu übermäßigem Wachstum der Wollhaare („Babyfell“) oder zu symmetrischem Haarausfall in der Flankengegend kommen.
- Häufigeres Vorkommen von Prostatkrebs bei kastrierten Rüden.
- Manche Hunden und Katzen beiderlei Geschlechts zeigen nach der Kastration übermäßigen Appetit und neigen zur Gewichtszunahme. Hier ist vor allem der Besitzer gefragt, einer übermäßigen Futteraufnahme vorzubeugen.
- Die Kastration angstaggressiver Hunde kann zu einer Verschlimmerung der Symptomatik führen. Daher ist die Kastration nicht das Mittel der Wahl bei Aggressionen, sondern sollte nur individuell fachtierärztlich empfohlen werden.
- Bei Kastrationen vor Erreichen des „Erwachsenenalters“ können die Tiere ihre geistige und körperliche Reife nicht vollständig erhalten
Der richtige Zeitpunkt
Katzen und Kater
Der beste Zeitpunkt für eine Kastration ist im jungen „Erwachsenenalter“, das ist bei Katzen und Katern im Alter zwischen 6 und 9 Monaten. Es bietet sich an, die erste Rolligkeit bzw. das erste Harnmarkieren abzuwarten. Hierbei muss allerdings zwingend verhindert werden, dass die Geschlechtsreife „übersehen“ wird und eine ungewünschte Fortpflanzung erfolgt.
Hündin
Die erste Läufigkeit ist, abhängig von der Größe der Hündin, mit ca. 9 Monaten bis 1,5 Jahren zu erwarten. Der Eintritt der Geschlechtsreife darf allerdings nicht mit dem Abschluss der Juvenilität, also dem Erreichen des „Erwachsenenalters“, und somit der körperlichen und geistigen Reife verwechselt werden. Hündinnen großwüchsiger Rassen sind mitunter erst mit 2 bis 2,5 Jahren tatsächlich ausgewachsen.
Das Risiko einer Hündin, an Brustkrebs zu erkranken, ist bei einer Kastration vor der ersten Läufigkeit am geringsten. Eine Kastration vor der ersten Läufigkeit hat jedoch viele Nachteile. Der größte Nachteil ist ein möglicherweise verzögerter Schluss der Wachstumsfugen, da sich diese v.a. durch den Einfluss der Geschlechtshormone zu schließen beginnen. Die betroffenen Hündinnen können ihre Wurfgeschwister deutlich in der Größe „überwachsen“, orthopädische Erkrankungen und Entwicklungsstörungen treten häufiger auf. Bei einer Kastration nach der ersten Läufigkeit ist das Brustkrebsrisiko immer noch deutlich erniedrigt. Bei einer Kastration nach der zweiten Läufigkeit ist das Tumorrisiko noch deutlich erniedrigt, ab der dritten Läufigkeit hat der Zeitpunkt der Kastration jedoch keinen Einfluss mehr auf das Entstehen von Brustkrebs. Neueste Studien belegen, dass eine Kastration vor dem ersten Lebensjahr bei bestimmten Hunderassen das Risiko einer Krebs- und Gelenkserkrankung erhöht. In Anbetracht der vielen Vorteile ist auf jeden Fall angeraten, die erste Läufigkeit abzuwarten.
Aufgrund erhöhter Blutungsneigungen im Zusammenhang mit der Läufigkeit, wird bei Hündinnen der ideale Kastrationszeitpunkt 2-3 Monate nach Ende der Läufigkeit empfohlen.
Rüde
Rüden kommen ebenfalls in Abhängigkeit von der Größe in die Geschlechtsreife, was in der Regel zwischen 9 Monaten und 1,5 Jahren der Fall ist. Mit dem Eintritt der Geschlechtsreife ist eine Kastration medizinisch möglich. Der Eintritt der Geschlechtsreife sollte allerdings auch hier nicht mit dem Abschluss der Juvenilität, also dem Erreichen des „Erwachsenenalters“, und somit der körperlichen und geistigen Reife verwechselt werden. Rüden großwüchsiger Rassen sind mitunter erst mit 2 bis 3 Jahren tatsächlich ausgewachsen.
Der Eingriff ist aber auch zu einem späteren Zeitpunkt problemlos möglich, es ist nie „zu spät“ für eine Kastration.
Wichtig: Es ist ein Mythos, dass die Hündin beziehungsweise Kätzin vor der Kastration zumindest einmal Welpen bekommen soll – dafür gibt es keine medizinische Begründung!
Methoden
Die Kastration erfolgt bei allen Tieren in Vollnarkose.
Sie dauert zwischen 15 Minuten (Kater) und ungefähr 1-1,5 Stunden (endoskopische Kastration der Hündin) und das Tier kann am selben Tag wieder nach Hause gehen.
Rüde und Kater:
Über einen Hautschnitt werden beide Hoden entfernt.
Der Schnitt wird beim Rüden anschließend vernäht, beim Kater ist das nicht erforderlich.
Hündin und Katze:
Die Kastration weiblicher Tiere ist aufwändiger, weil die Eierstöcke innerhalb der Bauchhöhle liegen und diese daher eröffnet werden muss.
„Herkömmliche“ Kastration:
Diese erfolgt über einen Schnitt genau in der Mittellinie vom Nabel nach hinten in Richtung Schambein. Der Schnitt ist in Abhängigkeit von der Größe des Tieres zwischen 2 und 8 cm lang.
Durch diesen Schnitt werden beide Eierstöcke entfernt.
Studien haben gezeigt, dass die Entfernung der Gebärmutter bei gesunden Tieren, sofern sie keine Veränderungen aufweist, keinen Vorteil bringt. Die Entfernung der Eierstöcke ist völlig ausreichend, um den Geschlechtszyklus zu unterbinden. Die verbleibende Gebärmutter bildet sich auf kaum wahrnehmbare Größe zurück. Entzündungen der Gebärmutter oder Gebärmutterkrebs kommen nach vollständiger Entfernung der Eierstöcke so gut wie niemals vor. Ist die Gebärmutter jedoch stark verändert, wird sie im Zuge der Kastration vollständig entfernt.
Abschließend werden die Bauchdecke, die Unterhaut und die Haut wieder vernäht.
Da das Gewebe erst wieder verheilen muss, soll das Tier danach für ca. 2 Woche ruhig gehalten werden. Für die Hündin bedeutet dies strikten Leinenzwang und eine Katze sollte im Haus/ Wohnung gehalten werden. Ein Schleckschutz (Body oder Halskragen) ist meist erforderlich, damit das Tier nicht an der Naht schlecken kann.
Endoskopische Kastration
Für die Hündin bieten wir seit ca. 15 Jahren als Alternative zur herkömmlichen Operationsmethode die endoskopische Kastration an. Dabei handelt es sich um eine minimalinvasive Operationsmethode („Knopfloch – Chirurgie“), für die wir nur sehr kleine Zugänge von wenigen Millimetern in die Bauchhöhle benötigen.
An eine Hochleistungskamera angeschlossenes Endoskop ermöglicht uns, die Operation durchzuführen. Mit Hilfe von speziellen elektrochirurgischen Instrumenten werden Blutgefäße verschlossen. Die Eierstöcke werden abgetrennt und anschließend durch ein ca. 5-10 mm großes Loch in der Bauchdecke entfernt. Es bleibt kein Fremdmaterial (wie zum Beispiel Fadenreste) in der Bauchhöhle.
Die endoskopische Kastration ist durch die minimale Invasivität eine besonders schonende Operationstechnik. Geringere Schmerzen und die kürzere Operationsdauer ermöglichen eine besonders rasche Erholung. Die Infektionsgefahr bei einer endoskopischen Kastration ist wesentlich geringer als bei der herkömmlichen Kastration. Die Verwendung eines Halskragens kann in der Regel vermieden werden. Eine normale Belastung ist bereits nach wenigen Tagen wieder möglich.
Das längerfristige Ergebnis ist bei der klassischen und der endoskopischen Kastrationsmethode dasselbe, mit allen Vor- und Nachteilen. Der Unterschied liegt im Komfortgewinn für Hündin und Besitzer in den ersten beiden Wochen nach der Operation. Die Vorteile der endoskopischen Kastration sind umso größer, je größer und schwerer der Hund ist. Daher entscheiden sich fast alle Besitzer großer Rassen für die endoskopische Kastration ihrer Hündin.
Quellen
- Kastration der Hündin, neue und alte Erkenntnisse zu Vor- und Nachteilen. Arlt S., Wehrend A., Reichler I.M. Tierärztl. Prax. 2017; 45 (K): 253-263
- Kastration – das Für und das Wider aus veterinärmedizinischer Sicht. Schäfer-Somi S. Vortrag. Dogs Professional 23.02.2020.