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OA Mag. Johannes Kriechbaumer

Dermatologie, Labordiagnostik, Endoskopie

INHALTSVERZEICHNIS

Tiere, die an einer Futtermittelallergie leiden, zählen zu den häufigsten Patienten der dermatologischen Sprechstunde (Hautheilkunde). Dabei sind die Symptome und der Schweregrad dieser allergischen Hauterkrankung individuell verschieden. Die typischsten Symptome von Tieren mit Futtermittelallergien sind Juckreiz, Verdauungsprobleme oder Ohrenentzündungen. Allergien sind grundsätzlich nicht heilbar – sie begleiten die betroffenen Patienten in aller Regel ein Leben lang. Deswegen sind die akkurate Diagnose sowie eine individuell angepasste, multimodulare Therapie die Schlüssel zu einem glücklichen Leben – mit der Allergie.
Da bedauerlicherweise derzeit keine Allergie-Tests existieren, die in der Lage wären, exakte Voraussagen für den jeweiligen Patienten zu treffen, ist die Diagnosestellung ziemlich komplex und erfordert eine geduldige Zusammenarbeit zwischen Tierarzt, Tierbesitzer und gewissermaßen auch dem Tier selbst. Fakt ist, dass Tiere (wie Menschen) mehrere Allergien parallel haben können und diese sich auch noch im Laufe des Lebens ändern können. Deswegen wird man als Besitzer eines allergischen Tieres stets gefordert sein, auf allergische Symptome zu achten und entsprechend zu reagieren.

Ursache

Eine Allergie ist definiert als eine überschießende, krankhafte Abwehrreaktion des Immunsystems auf körperfremde, aber harmlose Umweltstoffe, die dann als Allergene oder Antigene bezeichnet werden.

Wieso es allerdings dazu kommt, dass bei Tieren– wie beim Menschen auch! – Geschwister einer Familie selten gleichermaßen von einer Allergie betroffen sind, wodurch also die Allergie bei dem einen ausgelöst wird und bei den andern nicht, ist derzeit nicht geklärt. Auch gibt es aktuell keine Gentests, die uns über die „Allergie-Neigung“ in unserem Erbgut Auskunft geben könnten. Grundsätzlich hat jeder Futterbestandteil ein allergenes Potential. In der Regel sind es aber die Futter-Eiweiße. Und unter denen sind ganz einfach jene am häufigsten, die am meisten als Futterbestandteil konsumiert werden: Rind, Huhn, Lamm, Weizen, Milch und Milch-Produkte, Fisch (v.a. bei Katzen)

Symptome

Typischerweise beginnen die allergischen Symptome im Alter von 6 Monaten bis 3 Jahren. Tatsächlich können aber auch schon viel jüngere Tiere (ab 8 Wochen) und überhaupt Tiere in jedem Alter betroffen sein – auch wenn (oder gerade weil?) sie vielleicht eh seit Jahren das gleiche Futter bekommen. Das Hauptsymptom einer Allergie ist Juckreiz.

Zu Beginn sind dabei in der Regel noch keine Hautveränderungen zu sehen – diese können allerdings im Verlauf der (unbehandelten) Erkrankung durch ständiges Kratzen und Benagen sowie durch hinzukommende Infektionen entstehen. Die häufigsten dabei sind: Krusten, Schuppen, Haarausfall, schmierige Beläge, veränderter Körpergeruch, Kratzspuren, Pusteln.

Die meisten Hunde mit einer Futtermittel-Allergie zeigen auch Auffälligkeiten bei der Verdauung: vermehre Kotabsatz-Frequenz, wechselnde Kotkonsistenz, Schleim- oder Blutbeimengung, häufiges Grasfressen, Blähungen (Flatulenz), Bauchrumoren (Borborygmus), Durchfall, Erbrechen, Schmatzen, Anzeichen von Bauchschmerzen, „Leerschlecken“ oder „Luftschlecken“ als Zeichen von Magenproblemen.

Auch andere Symptome mit wesentlich komplexerem Zusammenhang mit einer Futtermittel-Allergie können beobachtet werden: chronische Krallen-Probleme, Ohrenentzündungen, Analbeutelentzündungen, tiefe, entzündliche Wunden im Analbereich (Perianale Fistel), schlecht heilende Wunden an den Ohrrändern u.a.

Abbildung: typische klinische Präsentation

Hautveränderungen rund um die Lefzen und Schnauze sind ebenfalls häufig bei Tieren mit Futtermittelunverträglichkeiten.
Hautveränderungen rund um die Lefzen und Schnauze sind ebenfalls häufig bei Tieren mit Futtermittelunverträglichkeiten.
Rote, juckende Ballen sind ein mögliches Anzeichen einer Futtermittelallergie.
Rote, juckende Pfoten sind ein mögliches Anzeichen einer Futtermittelallergie.

Diagnose

Die diagnostische Aufarbeitung umfasst ein ausführliches Gespräch (Anamnese-Erhebung) über die genauen Lebensgewohnheiten des Tieres, das Verteilungsmuster von Juckreiz oder Hautveränderungen, den Verlauf der Symptomatik, und vielen weiteren, wichtigen Hinweisen. Bei der folgenden allgemeinen und dann einer dermatologischen Untersuchung werden die gesamte Körperoberfläche sowie die Gehörgänge detailliert inspiziert. Etwaige Hautveränderungen (Schuppen, Krusten, Pusteln, Beläge etc.) werden durch weiterführende Diagnostik an Ort und Stelle genauer untersucht

Untersuchungsmöglichkeiten:

  • Mikroskopische Untersuchung von Haaren und Haarwurzeln.
  • Schabepräparate um nach Hautparasiten wie Sarkoptes- oder Demodex-Milben zu suchen.
  • Wood-Lampe: Untersuchung der Haare im abgedunkelten Raum mit einer fluoreszierenden Lampe um Hinweise auf Pilzinfektionen festzustellen.
  • Zytologische Untersuchung: Mikroskopische Untersuchung von gefärbten Abstrich-Präparaten, um Hefepilze, Bakterien und verschiedene Entzündungsmuster zu diagnostizieren.
  • Bei Verdacht auf einen Zusammenhang der dermatologischen Veränderungen mit einer systemischen Erkrankung werden gegebenenfalls Blut-Untersuchungen durchgeführt.

Dank unseres modernen und gut ausgestatteten klinik-eigenen Labors können die meisten Untersuchungen sofort durchgeführt und die Ergebnisse sogleich besprochen werden.

Bei vielen Patienten mit einer allergischen Hauterkrankung diagnostizieren wir außerdem eine Infektion durch Bakterien oder Hefepilze, die wiederum Juckreiz fördert (Sekundärinfektion).

Abbildung: Hautläsion, Zytologische Untersuchung

Diese zu erkennen und adäquat zu behandeln ist der erste Schritt der Therapie – und auch schon zur Verbesserung der Symptomatik.

Nach Ausschluss anderer Erkrankungen mit ähnlichem Erscheinungsbild wie bei einer Futtermittel-Allergie (Differentialdiagnosen) wird eine Futtermittel-Ausschluss-Diät durchgeführt. Diese ist das zentrale Tool der Futtermittel-Allergie-Diagnostik.

Futtermittel-Ausschluss-Diät bedeutet die exklusive Fütterung eines spezifisch für dieses Tier geeigneten, nicht allergenen Futtermittels über einen Zeitraum von mehreren Wochen.

Dabei ist die korrekte Wahl des verwendeten Futters von größter Bedeutung!

Die zur Verfügung stehenden Allergie-Tests durch Blutanalyse können bei der Auswahl der geeigneten Futtermittel helfen (Serum-Test).

Bei einer erfolgreichen Ausschluss-Diät reduzieren sich die Symptome innerhalb von 2-10 Wochen.

Wenn sich durch diesen Futterwechsel innerhalb von 4-10 Wochen eine deutliche Besserung der Symptomatik einstellt, wird anschließend eine so genannte Provokation durchgeführt. Um das allergieauslösende  Protein oder Kohlehydrat herauszufinden, werden in ca 2Wochen-Abständen eine Fleischart (oder Kohlehydratquelle) dazugefüttert.  Bei einer erfolgreichen Diät würden die Symptome bei Fütterung des Allergens innerhalb weniger Tage wieder aufflammen. Dieses Prozedere ist – wie man sich vorstellen kann- zeitaufwändig und verlangt sehr viel Durchhaltevermögen und Konsequenz des Besitzers. Es stellt aber aktuell immer noch die „state of the art“ der Allergiediagnostik dar.

Für die Ausschlussdiät ist in vielen Fällen (ca 70-80%) eine sogenannte „Allergiediät“ von Fertigfutterherstellern geeignet. In den restlichen Fällen wäre eine selbstgekochte Diät

Therapie

Kein Tier muss unter Juckreiz leiden! Auch wenn es bei einer Futtermittel-Ausschluss-Diät mitunter mehrere Wochen dauern kann, bis sich hierdurch eine Besserung der Symptome zeigt, bedeutet das keinesfalls, dass dem Patienten nicht sofort Abhilfe bei Juckreiz geschaffen werden kann. Dafür stehen viele verschiedene Therapiemöglichkeiten zur Verfügung und werden individuell für den jeweiligen Patienten ausgewählt. Bei der Auswahl der Präparate und den Behandlungsvarianten wird der Tierbesitzer unbedingt mit einbezogen!

Optionale Behandlungsmöglichkeiten:

  • systemische Behandlung mit potenten kortison- oder nicht kortisonhaltigen Präparaten (in Form von Tabletten, Flüssigkeiten oder Injektionen)
  • lokale Behandlung durch Sprays
  • medizinische Shampoos
  • Spot-on Präparaten
  • Futterzusätzen

Wie bei jeder anderen Erkrankung auch, gilt hier das Prinzip:

„Soviel wie nötig, so wenig wie möglich“

Prognose

Allergien sind grundsätzlich nicht heilbar – sie begleiten die betroffenen Patienten in aller Regel ein Leben lang. Glücklicherweise stehen uns heutzutage eine enorme Auswahl an geeigneten Futtermitteln sowie Snacks und Kauartikel zur Verfügung und dank unserer langjährigen Erfahrung, der stetigen Weiterbildung unserer Spezialisten und neuen Therapiemöglichkeiten können wir unseren Patienten helfen, ein glückliches Leben zu führen – mit Allergie.

Quellen

  • Lloyd M. Reedy, William H. Miller, Ton Willemse (2002): Allergische Hauterkrankungen bei Hund und Katze. Schlütersche, Hannover
  • William H. Miller, Craig E. Griffin, Karen L. Campbell (2013): Small animal dermatology. Elsevier, St. Louis
  • Olivry T, DeBoer DJ, Favrot C, Jackson HA, Mueller RS, Nuttal T, Prélaud P fort he International Task Force on Canine Atopic Dermatitis. Treatment of canine atopic dermatitis: 2010 clinical practice guidelines from the International Task Force on Canine Atopic Dermatitis. Veterinary Dermatology 2010; 21: 233-248
  • O. Morris, R. A. Kennis (2013): Veterinary Clinics of North America: Small Animal Practice. Clinical Dermatology. Elsevier, St. Louis
  • Olivry et al (2015), BMC Veterinary Research. Treatment of canine atopic dermatitis: 2015 updated guidelines from the International Committee on Allergic Diseases of Animals (ICADA)

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