Home » Lexikon » Vergiftung bei Hunden und Katzen

Mag. Karin Sonnberger

Interne Medizin, Verhaltensmedizin, Ultraschall

INHALTSVERZEICHNIS

Es ist wohl eine der größten Sorgen jedes Tierhalters/jeder Tierhalterin: dass das geliebte Tier vergiftet werden könnte! Doch wie die meisten Gefahren, so lauern auch die gefährlichsten Giftstoffe im eigenen Haushalt.
Die häufigsten Symptome sind Erbrechen und Durchfall, Krampfanfälle oder eine erhöhte Blutungsneigung. Im Falle von Vergiftungen ist schnelles Handeln der lebensrettende Faktor. Daher sollte schnellstmöglich eine tiermedizinische Abklärung und Behandlung eingeleitet werden.

Ursachen

Es gibt zahlreiche Stoffe, die vor allem in größeren Mengen giftig sein können für Tiere. Die wichtigsten Giftstoffe und ihre Symptome möchten wir Ihnen kurz vorstellen:

Giftige Lebensmittel:

  • Birkenzucker (Xylit): führt bereits in geringen Mengen zu starkem Unterzucker, Krämpfen, Koma und Leberversagen, teilweise begleitet von Erbrechen und Durchfall
  • Kakao bzw. Schokolade (Theobromin): bereits 50g Vollmilch- oder 7g Zartbitterschokolade je Kilogramm Körpergewicht beim Hund können zu Symptomen wie Erbrechen, Durchfall, Zittern und Krämpfen führen
  • Tee und Kaffee (Koffein): Erbrechen, Durchfall, Zittern und Krämpfe
  • Weintrauben und Rosinen: schwerwiegende und zum Teil sogar tödliche Nierenschäden
  • Zwiebeln: bereits 5‑10 Gramm pro Kilogramm führen zu Methämoglobinämie (Braunfärbung des Blutes) und einer Zerstörung der roten Blutkörperchen (Hämolyse)
  • Avocado, Spinat, Rhabarber oder Rüben (Persin, Oxalate): Schädigung von Darmtrakt, Niere und Herz
  • ungekochte Gartenbohnen: Magen-Darm-Entzündung, Kolik und Krämpfe
  • unreife/auskeimende Kartoffeln, unreife Tomaten (Solanin): Durchfall, Krämpfe, Lähmungen von Gliedmaßen (Paresen) und Atemlähmung
  • Kernobst wie Kirschen, Pflaumen, Aprikosen oder Pfirsiche enthalten in ihren Kernen Toxine, die im Körper Blausäure abspalten, welches zu Krämpfen und Atemlähmungen führen kann
  • Holunderbeeren (Blausäure): s.o.

Stoffe zur Schädlingsbekämpfung

  • Rattengift“ (Cumarin): Direkter Verzehr von Rattengift oder von vergifteten Nagern. Die Symptome treten erst bis zu 14 Tage nach Aufnahme auf! Dies sind starke innere oder äußere Blutungen, wie z.B. Nasenbluten, blutiger Harn, blaue Flecken (Hämatome), punktförmige Blutungen (Petechien) in der Haut (z.B. am Zahnfleisch), Blutungen im Bauchraum oder in die Lunge, was sich durch akute Atemnot äußern kann, etc.
  • Mäusegift“ (Alpha-Chloralose): Direkter Verzehr von Mäusegift oder von vergifteten Nagern führt zu Untertemperatur, Krämpfen und Koma, v.a. Katzen sind betroffen
  • Pflanzenschutzmittel und Insektizide (Organophosphate, Carbamate, Dichlor-Diphenyl-Trichlorethan (DDT) und Hexachlorcyclohexan (HCC)): Erbrechen, Schwanken (Ataxie), Krämpfe, Koma
  • „Schneckenkorn“ (Metaldehyd): Verdächtig ist v.a., wenn der Hund blau erbricht! Führt bereits in kleinen Mengen innerhalb einer Stunde zu Herzrasen, Krämpfen, Koma und Leberversagen.

Giftige Zimmer- und Gartenpflanzen

Es gibt unzählige für Haustiere giftige Planzenarten, von denen wir Ihnen hier einen kurzen Auszug der häufigsten Zimmer- und Gartenpflanzen auflisten möchten:

  • Baumfreund/Baumlieb
  • Feigenbaumarten wie Benjamini, Gummibaum, Weihnachtsstern und Fensterblatt
  • Schweigstock, Schweigroh
  • Giftahorn, Eibe
  • Goldregen, Mistel, Rhododendron/Azalee, Yuccapalmen, Drachenbaum, Efeu, Immergrüner Buchsbaum
  • Oleander, Rizinus, Schwarzer Nachtschatten, Trompetenbaum
  • Maiglöckchen, Fingerhut, Bittersüßer Nachtschatten
  • Lilien, Alpenveilchen, Osterglocken, Wandelröschen

Diverse andere Giftstoffe

  • Frostschutzmittel (Ethylenglykol): Achtung: schmeckt süßlich! Tödliche Dosis: ca. 4 ml/kg Hund; ca. 1,5 ml/kg Katze. Führt zu Leber- und Nierenversagen.
  • Desinfektionsmittel (starke Säuren und Basen, Kreosot, Kresol, Naphtol, Tanninsäure, Holzteer u.a): Reizung von Schleimhäuten, Verätzungen, Erbrechen, Durchfall, Atemnot…
  • Marihuana (Cannabis): Zittern, Schwanken, Krämpfe, Erbrechen
  • Zigaretten, Tabak (Nikotin): Herzrasen, Krämpfe, Atemnot, Erbrechen, Koma
  • Medikamente (z.B. Acetylsalicylsäure (Aspirin), Paracetamol (Mexalen)): Leber- und Nierenversagen
  • Ätherische Öle (z.B. Teebaumöl): Reizung von Haut- und Schleimhäuten, teilweise neurologische Symptome
  • “Mistvergiftung” (Biomüll, Misthaufen, schimmelige Nüsse…): Speicheln, Erbrechen, Schwanken (Ataxie), Krämpfe, Bewusstlosigkeit, Koma
  • Äußerliche Verunreinigungen mit Benzin, Teer, Farbe oder Ölen
  • Hunde Spot-on bei Anwendung bei der Katze (Permethrin): Speicheln, Erbrechen, Atemnot, Schwanken (Ataxie), Krämpfe, Koma

Symptome

Wie erkenne ich eine Vergiftung?

So vielfältig wie die Giftstoffe sind auch die durch sie hervorgerufenen Symptome. Allgemein gilt allerdings: Die Dosis macht das Gift! Je mehr von einem Giftstoff aufgenommen wurde, desto schädlicher ist dies für Ihr Haustier. Ob ein Tier nach dem Kontakt mit Giftstoffen akut in Gefahr ist, hängt aber nicht nur von der aufgenommenen Menge per se ab, sondern auch davon, wie groß das Tier ist und wie viel Körpergewicht es hat. Ein kleines, leichtes Tier zeigt wesentlich schneller Vergiftungserscheinungen als ein großes, schweres.

Häufige Vergiftungszeichen bei Haustieren sind:

  • Symptome des Magen-Darm-Traktes: Übelkeit, Erbrechen, extremes Speicheln, Durchfall
  • Neurologische Symptome: staksiger Gang, Schwanken, Schwäche, Lähmungen, Zittern, Krämpfe, Umfallen, Bewusstlosigkeit
  • Blutungen: plötzlich blutiger Urin, Blutungen aus dem Darm, Haut- oder Schleimhautblutungen (häufig sind dies punkt- oder flächenförmige Blutungen und Hämatome (blaue Flecken) z.B. auf dem Zahnfleich, zwischen den Beinen oder in den Achseln)

Diagnose und Therapie

Erste Hilfe Maßnahmen

1. Wie kann ich meinem Tier im Falle einer Vergiftung helfen?

Im Falle einer Vergiftung ist die dringendste Maßnahme die sogenannte „Dekontamination“ – das bedeutet, der Giftstoff muss so schnell wie möglich wieder aus dem Körper entfernt werden. Von Hausmitteln, um sein Haustier z.B. erbrechen zu lassen, ist allerdings dringend abzuraten! Es gibt nämlich auch Giftstoffe, die beim Erbrechenlassen erst recht zu Verätzungen der Speiseröhre und möglicherweise zur Aufnahme Der Stoffe in die Lunge führen können! Hier ist tierärztlicher Rat gefragt. Die wichtigste Erste Hilfe Leistung, die Sie Ihrem Haustier daher erbringen können, ist der Anruf bei einem tierärztlichen Notdienst!

Die Telefonnummer eines tierärztlichen Notdienstes sollte für den Notfall daher immer griffbereit sein. Denn bei einer Vergiftung ist schnelles Handeln bestimmend für das Überleben des Patienten!

Falls Sie wissen, welchen Giftstoff das Haustier aufgenommen hat, ist es wichtig, die Umverpackung mit der genauen Bezeichnung aufzubewahren. Denn für das weitere Vorgehen und die Behandlung ist wichtig: wieviel hat das Haustier von welcher Substanz und wann aufgenommen?

2. Wie kann der Tierarzt meinem Tier im Falle einer Vergiftung helfen?

Die Therapie im Falle von Intoxikationen besteht im Wesentlichen aus zwei Punkten:

  •  Dekontamination (Entfernen des Giftstoffes aus dem Organismus)

Wurde das Gift oral aufgenommen (gefressen), so kann mittels einer Injektion Erbrechen ausgelöst werden. Dies ist allerdings nur möglich, sofern der Zeitpunkt der Aufnahme nicht mehr als maximal 1-2 Stunden zurück liegt. Außerdem muss das Tier bei vollem Bewusstsein und der Schluckreflex vorhanden sein. Bei Mineralölen, Säuren oder Laugen darf unter keinen Umständen Erbrechen ausgelöst werden, um eine weitere Schädigung der Speiseröhre zu vermeiden. Je nach Substanz wird stattdessen eine Magen- oder Darmspülung durchgeführt und/oder es wird Aktivkohle in großen Mengen verabreicht, um eine weitere Aufnahme von Giftstoffen über den Mage bzw Darm zu verhindern.

Wurde die Haut des Tieres mit einem giftigen Stoff verunreinigt, so muss es unbedingt vom Schlecken abgehalten und schnellstmöglich gereinigt werden. Dies erfolgt entweder mit Wasser, oder im Falle von fettlöslichen Stoffen mit Pflanzenöl oder Paraffin. Gegebenenfalls kann die beste Maßnahme sein, die betroffenen Stellen zu scheren, v.a. im Fall von versehentlicher Permethrin Spot-on Verabreichung bei Katzen, bei denen Waschungen zu einer zusätzlichen Auskühlung führen können.

In seltenen Fällen gibt es spezielle Gegenmittel (Antidots), die verabreicht werden können.

  • Therapie der Symptome

Mit intravenösen Infusionen kann der Kreislauf stabilisiert und der Stoffwechsel angeregt werden, die Giftstoffe zu verdünnen und aus dem Organismus auszuschwemmen. Im Falle von Krämpfen werden krampflösende Mittel verabreicht, Erbrechen wird mit speziellen Medikamenten gestillt, die Temperatur wird je nach Bedarf durch Wärmezufuhr oder aber mit fiebersenkenden Mitteln im Normalbereich gehalten. Je nach Giftsubstanz können Medikamente zum Schutz von Leber oder Nieren zum Einsatz kommen. In seltenen Fällen muss Ihr Tier einige Stunden oder über Nacht in Narkose gehalten werden, um vergiftungsbedingte Krampfanfälle unter Kontrolle zu bringen.

In der Regel müssen die Tiere für ein oder mehrere Tage zur Überwachung und Behandlung stationär aufgenommen werden. Neben der Atmung, dem Kreislauf und den vorliegenden Vergiftungserscheinungen werden auch die wichtigsten Organwerte mittels Blutuntersuchung engmaschig kontrolliert.

Prognose

Die Überlebenschancen bei Vergiftung sind nicht nur von der Art des aufgenommen Giftstoffes und dessen Menge, sondern auch von einer möglichst schnell eingeleiteten Therapie abhängig. Oftmals können die Tiere nur durch intensive und aufwändige Therapie gerettet werden. In einigen Fällen können zudem Spätfolgen, wie Leber- oder Nierenschäden bestehen bleiben.

Fazit

Wie immer gilt auch im Falle von Vergiftungen: Vorbeugen ist besser als Heilen!

Achten Sie daher auf einen möglichst „ungiftigen“ Haushalt für Ihren Vierbeiner und suchen sie im Falle einer Giftaufnahme oder verdächtigen Symptomen schnellstmöglich den Tierarzt/die Tierärztin auf.

Prophylaxe

Das wichtigste – und einzige – Mittel zur Vorbeugung von Vergiftungen ist das richtige Management. Im Freien bedeutet das, seinen Hund in bekannten Risikogebieten (z.B. Siedlungen, in denen regelmäßig Rattengift ausgelegt wird) an der Leine zu führen. Für besonders gefräßige Kandidaten, die auf jedem Spaziergang eigentlich Ungenießbares zu Köstlichkeiten erklären, bieten sich spezielle Maulkörbe mit einem besonders engmaschigen Netz auf der Unterseite an. Dadurch soll die Aufnahme von Futter o.ä. verhindert werden. Katzen mit Freigang sind insbesondere durch eine Aufnahme von Mäusegift gefährdet. Ist Ihre Katze eine gute Mäusefängerin, so sollten Sie dies im Hinterkopf behalten und nach Ihrer Katze suchen, wenn sie einmal nicht nach Hause kommt.  In den eigenen vier Wänden sollte man am besten so vorgehen, wie bei kleinen Kindern. Das bedeutet Medikamente, Putz-, Reinigungs- oder Düngemittel, sowie für Haustiere ungenießbare Lebensmittel und Zierpflanzen sind aus der Reichweite des Vierbeiners zu verbannen.

Quellen

  • https://www.vetpharm.uzh.ch/perldocs/toxsyqry.htm, (letzter Zugriff 12.07.2021)
  • Allkämper S, Kietzmann M, Kreienbrock L (2015): Ein aktuelles Bild der für Haustiere relevanten Toxine – Literaturübersicht und Auswertung toxikologischer Institutseinsendungen. Prakt. Tierarzt 96: 896-905. Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Hannover. DOI:svg.to/haustiertoxine
  • Richter W, Löscher A (2016): Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie für die Veterinärmedizin. 4.Auflage, Stuttgart: Enke Verlag.

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