Ursache
Man unterscheidet primäre (angeborene) und sekundäre (andere Ursachen) der Linsenluxation:
Primäre Linsenluxation
Diese Form kommt am häufigsten vor. Es handelt sich um ein Reißen der Haltefäden (Zonulafasern) durch fehlerhafte Anlage (Dysplasie) oder Funktionsverlust (Degeneration) bei bestimmten Rassen (z.B. alle Terrierrassen) durch einen Gendefekt. Dies passiert meist im Alter von 4-6 Jahren. In diesem Alter werden die Haltefäden der Linse zunehmend lockerer und instabiler. Leider tritt die primäre Linsenluxation in der Regel beidseitig auf, das heißt, typischerweise ist nach der Luxation der einen Linse wenig später auch das anderen Auge betroffen.
Sekundäre Linsenluxation
Bei dieser Form der Linsenluxation reißen die Haltefäden der Linse, weil sie entweder durch einen zu großen Augapfel überdehnt werden (Glaukom, Grüner Star) und dann reißen, oder durch eine chronische Entzündung (zum Beispiel Uveitis) geschwächt werden. Auch beim Grauen star kann es zu einem Luxieren der Linse kommen. Seltener reißen die Fasern durch ein Trauma. Augen mit sekundärer Linsenluxation sind oft bei Diagnosestellung bereits blind.
Symptome
Das betroffene Auge ist häufig schmerzhaft, trüb, tränend und rot. Zusätzlich kann meist eine Blindheit beobachtet werden. Das Allgemeinbefinden ist oft gestört und die betroffenen Tiere verkriechen sich, sind apathisch oder wollen nicht fressen.
Durch den Vorfall der Linse wird der Kammerwasserabfluss gestört. Dies führt zu einem hohen Augeninnendruck (Glaukom oder Grüner Star). Dies verursacht starke Schmerzen und kann innerhalb kürzester Zeit zum permanenten Erblinden des Tieres führen. Zusätzlich können andere Augenstrukturen durch die luxierte Linse zerstört werden.
Therapie
Die akute Linsenluxation beim Hund ist ein absoluter Notfall, der innerhalb von kurzer Zeit operativ versorgt werden sollte. Ist dies nicht der Fall, so können irreversible Schäden bzw. Blindheit zurückbleiben. Ist bereits ein Glaukom (hoher Augeninnendruck) mit Blindheit vorhanden, so muss das Auge leider entfernt (enukleiert) werden.
Es gibt zwei Arten die luxierte Linse chirurgisch zu entfernen:
- offene Entfernung der Linse: Die Operation findet in Vollnarkose des Tieres unter dem OP-Mikroskop statt. Hierbei wird die Linse durch einen langen Schnitt vorsichtig entfernt. Der Eingriff ist heikel und für das Auge sehr traumatisch. Die Prognose nach der Operation ist vorsichtig. Daher sollte diese OP nur an noch sehenden Augen durchgeführt werden. Mögliche Komplikationen sind Einblutungen ins Auge, Netzhautablösungen, Entzündungen oder ein hoher Augeninnendruck.
- geschlossene Entfernung der Linse: Bei der Operation wird von einem Augenspezialisten eine sogenannte „Phakoemulsifikation“ durchgeführt. Hierbei wird die Linse mit Hilfe von Ultraschallenergie in der Kapsel zertrümmert und abgesaugt. Für diese OP sind nur 2 kleine Schnitte notwendig dh das Trauma für das Auge ist deutlich geringer als bei der offenen Entfernung der akut verrutschten Linse. Diese Operation bietet derzeit die beste Langzeitprognose für das Sehvermögen von Augen mit instabilen Linsen. Durchschnittlich sind noch 75% der Tiere nach 2,5 Jahren damit noch sehend.
Da das andere Auge in der Regel auch bereits betroffen ist (meist noch nicht komplett luxiert, sondern noch an seiner ursprünglichen Position aber eventuell schon teilweise luxiert), kann/ soll dieses Auge am besten prophylaktisch operiert beziehungsweise medikamentös behandelt werden, um eine komplette Luxation in die Vorderkammer zu vermeiden und die Chance auf ein dauerhaft sehendes Auge zu erhöhen.
Die medikamentöse Therapie bedeutet ein regelmäßiges Eintropfen von Augentropfen, um die Pupille eng zu stellen. Dadurch wird die lockere Linse im Glaskörperraum (hinter der Iris) gehalten und die Gefahr des Kammerwinkelblocks durch ein Verrutschen nach vorne wird reduziert. Bei dieser Methode haben noch ca. 50% der Tiere nach 2,5 Jahren ein positives Sehvermögen. Mögliche Ursachen der Erblindung sind, dass der Augendruck sich trotzdem langsam erhöht, das Auge sich entzündet beziehungsweise sich die Netzhaut ablöst. Bei inkonsequenter Eingabe der Tropfen, kann die Pupille wieder größer werden und die Linse nach vorne fallen.
Quellen
- Walde I., (3.Auflage) Augenheilkunde: Lehrbuch und Atlas ; Hund, Katze, Kaninchen und Meerschweinchen
- Stades C. F., (3. Auflage) Praktische Augenheilkunde für den Tierarzt
- Fossum T., (5.Auflage) Chirurgie Der Kleintiere
- Gelatt K.N., Plummer C.E. (2017) Color Atlas of Veterinary Ophthalmology