Ursache
Die Hypothyreose des Hundes ist eine Unterfunktion der Schilddrüse und gehört zu den Stoffwechselerkrankungen. Die Schilddrüse ist unter anderem zuständig für die Produktion der Hormone Thyroxin (T4) und Triiodthyronin (T3). Sowohl T4 und T3 sind wichtige Mitspieler im Kohlenhydrat-, Lipid- und Proteinstoffwechsel sowie im Wärmehaushalt des Körpers. Dadurch lässt sich beispielsweise die Lethargie (Lustlosigkeit), die Gewichtszunahme und die Kälteintoleranz erklären, unter denen erkrankte Hunde oftmals leiden. Grob erklärt kommt es zu einem Herunterfahren des Stoffwechsels im Körper, wenn ein Mangel an Schilddrüsenhormonen besteht.
Die Erkrankung kann in zwei Hauptformen aufgeteilt werden, die angeborene (kongenitale) und die primäre (Ursache in der Schilddrüse) Hypothyreose. Die angeborene Form ist sehr selten und kommt bei jungen Welpen vor. Bei der primären Hypothyreose handelt es sich meist um eine immunvermittelte Erkrankung. Das heißt der Körper erkennt die eigene Schilddrüse als fremd an und attackiert diese. Dadurch kommt es zu irreversiblen Schäden, wodurch die Schilddrüse nicht mehr in der Lage ist, genügend Hormone zu produzieren. Auch eine sogenannte idiopathische Atrophie (Verkümmern der Schilddrüse ohne erkennbaren Grund) ist eine mögliche Ursache. Hunde, die an dieser sogenannten primären Hypothyreose erkranken, sind meist im Alter zwischen 2 und 7 Jahren.
Die sekundäre (von der Hirnanhangsdrüse ausgehende) und die tertiäre (vom Hypothalamus, einem Teil des Gehirns ausgehende) Hypothyreose sind extrem selten. Die Behandlung ist gleich der primären Hypothyreose.
Prädisponierte Rassen für die primäre Form sind der Riesenschnauzer, der Boxer, Staffordshire und Pitbull Terrier, die Retriever Rassen, Australian Shepherd, Beagle, Malteser, Husky, Rhodesian Ridgeback, Sheltie, Dobermann, Cocker Spaniel, Deutsch Drahthaar und einige andere.
Die kongenitale Form ist beim Bouvier des Flandres beschrieben.
Symptome
Die häufigsten Symptome sind Leistungsschwäche, Gewichtszunahme ohne vermehrte Futteraufnahme, Kälteintoleranz, Ohren- und Hautinfektionen. Das Fellkleid verändert sich, es wird stumpf und fettig, was oft der Grund für den Besuch beim Tierarzt ist. Insbesondere im Bereich Nasenrückens und des Schwanzansatzes kommt es zum Verlust der Haare. Die Haut wird dicker und stärker pigmentiert. Durch die oft vorkommenden Hautinfektionen entstehen Juckreiz und ein unangenehmer Geruch. Seltene Symptome sind Nervenschädigungen, die sich zum Beispiel in Form einer Kehlkopflähmung, eines Vestibulärsyndroms (Störung des Gleichgewichtsorgans) oder einer Fazialisparese (Lähmung des 7.Gehirnnerven) äußern können. Auch Erbrechen oder Durchfall können auftreten. Bei intakten Hündinnen kann es außerdem zu einer Störung des Sexualzyklus oder zu Trächtigkeitsproblemen kommen. Entgegen der landläufigen Meinung, konnte in Studien kein Zusammenhang zwischen gesteigerter Aggressivität und Hypothyreose hergestellt werden.
Diagnose
Sollten Sie oben genannte Symptome bei Ihrem Hund beobachten, ist eine tierärztliche Untersuchung anzuraten.
Ihr Hund wird zunächst gründlich klinisch untersucht. Darauf folgen weitere Untersuchungen, wie Blut- und Urinuntersuchungen, sowie Röntgen und Ultraschall.
Laboruntersuchungen
Insbesondere die folgenden Parameter können für die Diagnosestellung herangezogen werden:
- Thyroxin (T4): Ist der Wert vermindert, ist dies hinweisend, aber nicht beweisend für eine Unterfunktion der Schilddrüse. Mit passender Symptomatik und einer erhöhten Konzentration des Hormons TSH ist die Erkrankung jedoch naheliegend.
- Freies T4 (fT4): Dabei handelt ers sich um eine genauere Messung des Hormons Thyroxin. Der Nachweis ist allerdings aufwändiger und daher kostspieliger.
- TSH: Ist das sogenannte „Schilddrüsenanforderungshormon“, welches von der Hirnanhangsdrüse ausgeschüttet wird. Dieser Wert muss immer in Kombination mit T4 interpretiert werden. Bei einer Schilddrüsenunterfunktion ist er fast immer erhöht. Bei einer kongenitalen (angeborenen) Erkrankung beim Welpen kann TSH auch erniedrigt sein.
- Schilddrüsen-Autoantikörper: Die Messung dieser Antikörper ist besonders bei Hunden sinnvoll, bei denen der Verdacht einer Hypothyreose besteht, aber T4 im Normalbereich liegt.
- TSH- Stimulationstest: Die Messung von T4 vor und nach der Gabe von TSH kann bei widersprüchlichen Testergebnissen zusätzlich als Diagnostikum herangezogen werden.
Die alleinige Messung von T4 darf nicht zur Diagnosestellung herangezogen werden!
„euthyoid sick“-Syndrom
Einige Hunde leiden unter einer sogenannten „euthyroid sickness“. Das bedeutet, dass T4 erniedrigt ist, ohne dass eine Schilddrüsenerkrankung vorliegt. Hierfür gibt es verschiedene Ursachen, wie z.B. andere systemische Erkrankungen. Auch verschiedene Medikamente (Kortison, Phenobarbital, Sulfonamide, Schmerzmittel), können die Testergebnisse beeinflussen.
Bei widersprüchlichen Testergebnissen gibt es zwei Möglichkeiten: Eine Wiederholung der Tests einige Wochen später oder, bei starkem Verdacht auf Hypothyreose und klinischen Symptomen, ein Therapieversuch mit einem Schilddrüsenmedikament.
Therapie
Die Therapie besteht in der lebenslangen, täglichen, oralen Gabe eines synthetisch hergestellten T4-Präparates (Levothyroxin). Man ersetzt dadurch die fehlende Hormonproduktion. Die Dosierung variiert von Hund zu Hund und muss individuell angepasst werden. Daher sind regelmäßige Kontrollen unumgänglich. Es sollte sich im Idealfall bereits nach 1 bis 2 Wochen eine Besserung der Symptome zeigen. Eine komplette Reversibilität der Symptome ist nach 6-8 Wochen zu erwarten. Die Heilung bestehender Hautprobleme kann durchaus etwas länger andauern. Der Hund sollte im Laufe der Therapie aktiver werden, Gewicht verlieren und ein gesünderes Haarkleid und Hautbild entwickeln.
Prognose
Die Prognose bei primärer Hypothyreose ist gut. Bei geeigneter Therapie besitzen die Hunde eine normale Lebenserwartung bei guter Lebensqualität.
Bei Welpen mit angeborener Hypothyreose ist die Prognose deutlich vorsichtiger.
Quellen
- Kohn B. et al (2018): Praktikum der Hundeklinik. Enke Verlag. Stuttgart, Deutschland.
- https://www.vetmeduni.ac.at/de/immunologie/dienstleistungen/angebotsuebersicht/hypothyreose-beim-hund/ (14.05.2021; 15:27 Uhr)
- https://www.med.vetmed.uni-muenchen.de/einrichtungen/dermatologie/krankheiten/hypothyreose/index.html (14.05.2021; 15:32 Uhr)
- Hrovat A. et al (2019): Behavior in dogs with spontaneous hypothyroidism during treatment with levothyroxine. Journal of Veterinary Internal Medicine.
- Radosta L. et al (2011): Comparison of thyroid analytes in dogs aggressive to familiar people and in non-aggressive dogs. Journal of Veterinary Internal Medicine.